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Ressourcenströme und -Ausbeutung

Auswirkungen des westlichen Wirtschaftssystems auf den Globalen Süden

Von Lucas Dziadek und Lisa-Marie Brasch

Ressourcenbewegung ist allgegenwärtig in unserer globalisierten Welt. Doch der Energie- und Ressourcenfluss zwischen verschiedenen Kontinenten ist extrem unausgeglichen. Das moderne Leben im Norden erlaubt es, Waren aus den entlegensten Gegenden zu konsumieren. Jedoch bleiben neben den vielen Vorteilen die Schattenseiten oft unbeleuchtet. Längst nicht alle Menschen profitieren von der zunehmenden Ressourcenentnahme unserer Erde. Der hier gelebte Wohlstand hat einen Preis und wir glauben, ihn ausschließlich gegen Geld einzufordern. Doch gibt es auch einen nicht in Geld messbaren Preis und wer bezahlt ihn? Gibt es eine Trennung zwischen Gewinner*innen und Verlierer*innen der Globalisierung? Globaler Süden, Norden, Westen - was haben die geografischen Gegebenheiten damit zu tun? Viele Fragen, auf die es nicht die eine Antwort gibt, aber im Folgenden der Versuch, sich dieser zu nähern.

Was ist das westliche Wirtschaftssystem?

Der heutige Westen beschreibt die Länder des Globalen Nordens, ist aber zurückzuführen auf den Kolonialismus. Viele der damaligen Kolonialmächte sind heute Länder des Globalen Nordens. Geografisch konzentrierten sich die Kolonialmächte auf Staaten in Europa, die zunehmend den Rest der Welt unterwarfen. Mit der oft gewalttätigen territorialen Aneignung ging auch das Aufbürden der Religion, Sprache und Lebensweise sowie des Wirtschaftssystems einher. So eroberten die Kolonialmächte mit ihren kapitalistischen Bestrebungen aus Europa ab dem 18. Jahrhundert die ganze Welt und implementierten den Kapitalismus als die bis heute vorherrschende Wirtschaftsform. DIeser kennzeichnete sich vor allem durch Eigentum an den Produktionsmitteln, Gewinnmaximierung und Marktsteuerung aus. [1]

Wenn man westliche Staaten heute nach ihren Wirtschaftsformen sortiert, stößt man eher auf Formen wie freie Marktwirtschaft (z.B. USA) oder soziale Marktwirtschaft (z.B. Deutschland). Sie sind modifizierte Formen des Kapitalismus, die ihn durch zahlreiche Gesetze den gesellschaftlichen Bedürfnissen anpassen sollen. Dies hat zur Folge, dass die heute vorliegenden Wirtschaftsformen sich deutlich vom Kapitalismus des 18. Jahrhundert unterscheiden. Dennoch ist es nicht falsch, noch heute von kapitalistischen Ländern zu sprechen, da wesentliche Charakteristika wie die Orientierung am Profit und Lohnarbeit, die Menschen in Abhängigkeiten bringt, auch in den modernen Modifikationen noch aktuell sind. Lediglich zur Abgrenzung dient der Begriff nicht mehr, da sich fast alle Länder heutzutage kapitalistisch orientieren. Die einen sind dabei erfolgreicher, die anderen weniger. 

 

Nach kapitalistischen Werten sind die Industriestaaten die Gewinner. Sie erzielen große Profite für die dort heimischen Unternehmen und ermöglichten, dass sich der Lebensstandard im letzten Jahrhundert immens verbessert hat. Nach Berechnungen der Weltbank leben Menschen unterhalb der Armutsgrenze, wenn ihnen am Tag weniger als 1,9 US-Dollar zur Verfügung stehen. [2] Mehr als 40% der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben müssen, kommen aus Subsahara-Afrika, während es in Europa und Zentralasien zusammen lediglich 1,2% sind. [3]

Wo liegen die Ursachen der sozioökonomischen Unterschiede zw. Globalem Norden und Süden?

So unterschiedlich Globaler Norden und Süden heute wirtschaftlich aufgestellt sind, so verbindet sie eine mehrere jahrhundertelange gemeinsame Vergangenheit. Während des Kolonialismus nahmen sich die europäischen Kolonialmächte auf gewaltsame Art und Weise Land, Erze, Ressourcen, Arbeitskräfte und nahmen den Kolonisierten meist ihre Sprache, Kultur, lokale Ökonomien und Lebensweisen sowie vielen auch das Leben. 

Der Kolonialismus hat die Welt grundlegend verändert und ein Machtverhältnis etabliert, das bis heute hin andauert. Er ist ein Wissens-, Herrschafts- und Gewaltsystem, das durch Rassismus legitimiert wurde und den europäischen Mächten eine weltweite Vormachtstellung sicherte. Das europäische Wissenssystem baute dem Rassismus ein Fundament, indem schon zu Zeiten der Aufklärung Wissenschaftler*innen die Eugenik erfanden. Eine Theorie/Erfindung, nach der die Menschheit verschiedenen sogenannten ,,Rassen” zuzuordnen ist. Ein wichtiges Charakteristikum der Ideologie - Ideologie deshalb, weil es falsch ist, denn es gibt schlichtweg keine Menschenrassen - ist, dass Menschen entsprechend ihrer ,,Rasse” eine unterschiedliche Wertigkeit zugeschrieben wird. Am meisten Wertigkeit sprachen die Weißen männlich dominierten Wissenschaftler sich selbst ihrer Ethnie und ihrem Geschlecht zu. Diese Erfindung kam den Kolonialherrschern sehr gelegen, da sie ihre ausgeübten Raubzüge, ausgeübte Gräueltaten und sogar Genozide rechtfertige.

Die stetige Vergrößerung des eigenen Territoriums war Ausdruck des Kräftemessens zwischen den europäischen Großmächten. "1914 waren beispielsweise 85% der Erde von Europäer*innen besetzt. Doch der europäische Kolonialismus beinhaltete nicht nur die Besetzung bestimmter Gebiete und war dementsprechend nicht mit dem Abzug der Kolonialmächte beendet” (glokal eV., 2013, S.8). [4]

 

Bis heute erinnern Sprachen, kulturelle Werte und Normen sowie noch bestehende (wirtschaftliche) Abhängigkeitsverhältnisse an die früheren Kolonialherren. Des Weiteren etablierten die Kolonialmächte den Kapitalismus. Ein Merkmal des Kapitalismus ist der Privatbesitz der Produktionsgüter. Besondere Erze, seltene Erden und Öl - der Globale Süden ist reich an diesen Ressourcen, während der Norden eher knapp bestückt ist. Doch die Kolonialmächte boten den Menschen des Globalen Südens keinen Platz an am Spieltisch des Kapitalismus. Aufgrund ihres Ressourcenreichtums hätten sie gute Karten gehabt. Stattdessen wurden sie derer beraubt, unterjocht und selbst zur Ware. Die menschliche Arbeitskraft wurde als wichtiges Produktionsmittel erkannt und hatte die Versklavung zur Folge. Langfristig wurden die südlichen Regionen auf die Bedürfnisse der Menschen im Norden abgestimmt. Der Anbau bestimmter Konsumgüter wie Baumwolle, Tee, Kaffee, Zucker oder Kakao stieg, weil Menschen im Norden sie nachfragten. Wenige Rohstoffe oder Agrarprodukte dominierten die Märkte und verhindern bis heute die Entwicklung einer krisenfesten, breit aufgestellte Wirtschaft.  Die Grafik (2) zeigt die Exportwaren, die im Jahr 2018 zwischen Deutschland und Nigeria getauscht wurden. Während Nigerias Exporte fast ausschließlich vom Rohöl bestimmt werden, sind die Exporte aus Deutschland nach Nigeria vielseitiger aufgestellt.

Reich an Rohstoffen und trotzdem unter der Armutsgrenze - Wie kann das sein?

Die Antwort heißt Ressourcenfluch. Den Begriff prägte der Geograf Richard Auty [5], der den Zusammenhang von Rohstoffexporten und Korruption, politischer Instabilität sowie Verschuldung untersuchte. Reich an Erdöl, Gold oder Diamanten und gleichzeitig eine hungernde Bevölkerung. Dieses Phänomen ist nicht selten unter Ländern des Globalen Südens, denn in vielen dieser Länder gibt es keine demokratisch gewählte Führung, sondern ein autoritäres System, welches nicht auf den Rückhalt der Bevölkerung angewiesen ist. Einnahmen aus den Exporten müssen dafür ausgegeben werden, dass der Machterhalt des Regimes gesichert wird. 

Ein weiterer Grund ist die meist fehlende Diversifikation der Wirtschaftssektoren (s. oben), genauso wie fehlende Technologie und Investitionen, um die Rohstoffe weiterzuverarbeiten. Nigeria bspw. ist der größte Rohölexporteur Afrikas [6] und nimmt Millionen dadurch ein. Trotzdem sind 12,6 Prozent der Bevölkerung unterernährt. [7] Viele (vor allem) europäische Unternehmen verorten dort ihre Förderquellen. Würde Nigeria das Rohöl weiterverarbeiten, wären die Gewinnmargen noch viel höher. Stattdessen werden Rohstoffe aus dem Globalen Süden in den Globalen Norden exportiert, dort weiterverarbeitet und für mehr Geld an Länder des Globalen Südens zurückverkauft. (siehe oec grafik) Dadurch, dass sich ausländische Firmen die Förderlizenzen sichern, nehmen sie dem Staat die Chance, zusätzliches Geld einzunehmen. Mit dem Geld hätten die Staaten die Möglichkeit, ihre Wirtschaft breiter und sicherer aufzubauen und sich langfristigen Wohlstand zu ermöglichen. Zusätzlich profitieren die ausländischen Firmen noch von fehlenden Gesetzen zum Arbeits- und Umweltschutz. [8] Mehrere Millionen Tonnen von Rohöl sind bereits in die Meere vor Nigeria geflossen. Die ausländischen Firmen sind sich keiner Verantwortung bewusst. Öl ist hierbei nur ein Stellvertreterprodukt. Lebensmittel sind von dieser Entwicklung ebenfalls betroffen. 

Nun könnte man meinen, dass ein Teil dieser Probleme doch lösbar ist. Jährlich fließen mehrere Milliarden Euro an Entwicklungshilfe in afrikanische Länder. [9] Diese riesige Summe könnte man dafür nutzen, Raffinerien oder andere Technologien zu finanzieren. Das Problem hierbei ist, dass die Geberländer entweder Heimat der profitierenden Firmen (Shell aus dem Vereinigten Königreich, ENI aus Italien, Total aus Frankreich - alle fördern Öl in Nigeria) oder Marktkonkurrenten sind. 

 

Länder Afrikas bspw. versuchten, sich aus dieser Lage zu befreien und wehrten sich lange gegen das Freihandelsabkommen EPA mit der Europäischen Union. Die EU erließ daraufhin Strafzölle, die afrikanischen Staaten knickten ein. Ab 2021 ist das Abkommen gültig. Nach diesem müssen Waren aus Europa Einlass in den Afrikanischen Wirtschaftsraum finden, ohne mit Zöllen belegt zu werden. Das vorgeschobene Ziel der Steigerung der Wirtschaftskraft durch Gelder der Entwicklungshilfe wird nicht erreicht, da auch nur rund 10% der afrikanischen Produkte überhaupt wettbewerbsfähig sind. [11] Kritiker sehen die EU als klaren Gewinner, da sie sich weiterhin einen Absatzmarkt sichert und Afrika als Verlierer, da die versprochene wirtschaftliche Entwicklung mehr behindert als gefördert wird. 

Wie geht es weiter? - Offshoring & Outsourcing

Offshoring bzw. Outsourcing beschreibt die Auslagerung der Produktion in andere Länder, in der Regel in Länder des Globalen Südens. Warum lohnt es sich aber, die Produktion in andere Regionen auszulagern, obwohl daraus höherer organisatorischer Aufwand sowie hohe Transportkosten folgen? Der Hauptgrund liegt in den deutlich geringeren Lohnkosten der Arbeitskräfte, deren Einsparung höher ist als die teureren Transportkosten. Weitere Gründe können beispielsweise laschere Arbeitsschutzgesetze vor Ort, weniger strenge Umweltauflagen, Fachkräftemangel, Steuern oder Subventionen sein. [11]

Seinen Anfang nahm das Outsourcing in den 1970er Jahren. Infolge der Ölkrise, sowie einer Sättigung der Binnenmärkte und der beginnenden Liberalisierung der Weltmärkte gerieten arbeits- und lohnintensive Fertigungsschritte zunehmend unter Kostendruck, was erste Industrien des Globalen Nordens dazu bewegte, Produktionsschritte in den Globalen Süden auszulagern.

 

Der Trend verstärkte sich deutlich in den 1990er Jahren wegen eines weiteren Abbaus von Zöllen, sowie wegen vergleichsweise hoher Löhne in der Industrie. Neben der Kostenminimierung spielte nun allerdings auch die Ausweitung der Abnehmerstaaten für die eigenen Produkte eine Rolle. 

 

Seit den 2000er Jahren findet allerdings ein rückläufiger Prozess statt, der als “Reshoring” bezeichnet wird. Aufgrund von deutlich steigenden Lohnkosten in Staaten, in die die Produktion ehemals ausgelagert wurde, sowie Wechselkursrisiken und politische Risiken überwogen nun in manchen Branchen die Vorteile des Offshorings nicht mehr gegenüber den Nachteilen. Aus diesem Grund entschieden sich bereits große Unternehmen wie Adidas, Stihl und Steiff dazu, Teile der Produktion wieder zurück nach Deutschland zu verlagern. [12]

Die Digitalisierung und die Industrie 4.0 machen bis heute die Produktion im Globalen Norden zunehmend effizienter. Wird der Trend zum Reshoring so deutlich sein, dass das Offshoring komplett zum Erliegen kommt?

 

Eine solche Entwicklung ist aktuell noch nicht abzusehen, da es sich beim Reshoring bisher eher um Ausnahmen handelt. Aber je stärker die Automatisierung den bisherigen Kostenvorteil der Entwicklungs- und Schwellenländer reduziert, desto wahrscheinlicher ist ein solches Szenario. Da aktuell gleichzeitig die Automatisierung der Produktion, sowie die Erhöhung der Löhne in Schwellenländern voranschreiten, ist ein solches Szenario also nicht unwahrscheinlich. 

 

Die Folgen dieses rückläufigen Prozesses sind vielschichtig. Für die Umwelt sind positive Auswirkungen zu erwarten: Die verkürzten Transportwege führen zu CO2-Einsparungen. Die Energie, die für die Prozesse benötigt wird, wird in Ländern wie Deutschland zumindest zu einem größeren Anteil aus erneuerbaren Quellen gewonnen, und die Gesetze und Richtlinien bezüglich der Entsorgung toxischer Abfälle sind im Globalen Norden in der Regel strenger als im Globalen Süden. 

 

Für Menschen des Globalen Süden sind hingegen eher negative Folgen zu erwarten: Die Rückholung von Produktionskapazitäten führt unweigerlich zu einem Verlust von Arbeitsplätzen im jeweiligen Land. Menschen und Gesellschaften, die sich vor wenigen Jahrzehnten erst an die Globalisierung angepasst haben und unter großen Anstrengungen einen Strukturwandel erzwungen haben, werden vor die große Herausforderung gestellt, diesen Prozess rückgängig zu machen oder einen weiteren Strukturwandel hin zu wieder neuen Wirtschaftszweigen einzuleiten.

Wie geht es weiter? - Wasserstoffproduktion in der Sahara

2009 wurde die Desertec Stiftung gegründet, mit der Vision, Europa mit Strom aus regenerativen Quellen aus Nordafrika und dem mittleren Osten zu versorgen. Ihr Plan war es, große Photovoltaikparks und Windparks in der Sahara zu errichten, die über Gleichstromleitungen mit wenigen Verlusten durchs Mittelmeer geleitet werden sollten und somit den Globalen Norden mit Strom versorgen.

Aus wem bestand die Desertec-Stiftung? Es handelte sich hierbei hauptsächlich um europäische, darunter besonders viele deutsche Unternehmen; Menschen aus den nordafrikanischen Staaten, in denen das Großprojekt stattfinden sollte, waren in die Pläne kaum involviert.

 

In Nordafrika herrschen perfekte Bedingungen für die Energiegewinnung aus Photovoltaik und Windkraft. Deren regenerative Quellen könnten hier nicht nur besonders stark, sondern auch besonders konstant Strom liefern. Die Unternehmen der Desertec-Stiftung erhofften sich daher ein Milliardengeschäft.

 

Die technische Umsetzbarkeit war bereits bestätigt, aber trotzdem kam das Projekt zum Stillstand. Hintergrund waren Streitigkeiten unter den verschiedenen Unternehmen, die Teil der Desertec-Stiftung waren. Die Streitpunkte waren vielseitig: Es gab unterschiedliche Meinungen dazu, ob man nicht zunächst die lokalen Märkte mit Energie versorgen sollte, bevor man teure Gleichstromleitungen durchs Mittelmeer legt. Darüber hinaus weckten Unsicherheiten über die politische Stabilität vor Ort Zweifel an der Vision. 2013 zerbrach die Initiative daher, doch die Vision ist bis heute nicht aus den Köpfen der Menschen verschwunden.

 

Heute lebt die Idee in einem neuen, veränderten Plan weiter: Nicht Strom soll übers Mittelmeer fließen, sondern Wasserstoff. [13] Wasserstoff kann wie Erdgas zur Wärmeerzeugung verbrannt werden oder zu Biotreibstoff umgewandelt werden, und so eine treibhausgasneutrale Alternative für unseren Güter- und Personenverkehr darstellen.

Die technische Umsetzung würde wie folgt aussehen: Durch großflächige Photovoltaikparks wird die Sonnenenergie zunächst in Strom umgewandelt, und mit diesem Strom wird durch die Elektrolyse Wasser in seine Grundbestandteile Wasserstoff und Sauerstoff getrennt. Dieser Wasserstoff könnte dann durch verschiedene Pipelines an verschiedene Orte in Europa geleitet werden. Interessant hierbei: Bestehende Pipelines, die zum Transport von Erdgas genutzt werden, könnten hierfür wiederverwendet werden und müssten nicht neu gebaut werden.

Die Einordnung des Projektes wird kontrovers diskutiert. Dafür spricht zunächst, dass Wasserstoff, solange er wie hier mit Erneuerbaren Energien produziert wird, grundsätzlich als komplett nachhaltig angesehen werden kann. Aus rein technischer Sicht ist die Produktion in Nordafrika auf jeden Fall sinnvoll, weil der Ertrag der Solarenergie vor Ort grob 3-mal so hoch ist wie in Europa. 

Aber es gibt leider doch mehr Grund zur Kritik, als es auf den ersten Blick den Eindruck macht. Als erstes ist hier die Energieeffizienz zu nennen: Nutzt man die Sonnenenergie direkt als Strom, hat man eine Energieeffizienz von ca. 90%. Produziert man mit Strom aus der Sahara erst Wasserstoff, leitet diesen über Pipelines nach Europa und nutzt ihn dort, sinkt die Energieeffizienz auf ca. 35%. Das liegt daran, dass bei den einzelnen Produktionsschritten extrem hohe Verluste anfallen: die Entsalzung des Wassers, die Elektrolyse, sowie die spätere Komprimierung für den Transport des Wasserstoffes sind alle sehr energieaufwendig. Daraus folgt, dass Wasserstoffproduktion auf dem momentanen Stand keinen ökonomischen Sinn ergibt und aufgrund der hohen Verluste keine Aussicht auf Konkurrenzfähigkeit hat. [14]

 

Wasserstoff in Europa in anderen Bereichen zu nutzen, beispielsweise als nachhaltigen Treibstoff für den Flugverkehr, bleibt zwar genauso ineffizient, ist aber aufgrund mangelnder nachhaltiger Alternativen für die Zukunft denkbar.

Außerdem ist es offen, inwieweit die Bevölkerung vor Ort von dem Großprojekt profitieren würde.

Wenn Europa in diesem Großprojekt seine wirtschaftlichen Interessen wie in der Vergangenheit durch Unterdrucksetzung durchsetzen würde, dann würde die nordafrikanische Bevölkerung wahrscheinlich wenig vom Projekt profitieren. Darüber hinaus würde es zu einer Verstärkung der Ausbeutung des Globalen Südens durch den Globalen Norden führen.

 

Wenn es aber einen neuen politischen Umgang mit den afrikanischen Ländern gibt, der fair und auf Augenhöhe verläuft, und wenn die Industrie vor Ort in nicht ausländischer Hand liegt, ist es sicherlich denkbar, dass die Menschen in den jeweiligen afrikanischen Staaten von diesem neuen, nachhaltigen Wirtschaftszweig profitieren. 

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